Kernkraftwerk

Was versteht man unter Kernfusion?

Unter bestimmten Bedingungen können zwei leichte Atomkerne (z. B. Wasserstoffisotope, Deuterium und Tritium) verschmelzen, um einen schwereren Kern zu bilden. Diese Kernreaktion erzeugt eine sehr große Menge an Reaktionsenergie. Durch diese Reaktionen erzeugen die Sonne und die Sterne ihre Energie.

Die Kernfusion ermöglichte es den Militärs, thermonukleare Wasserstoffbomben herzustellen. Die Beherrschung einer kontrollierten Kernfusion zur Stromerzeugung ist technisch gesehen ein sehr ehrgeiziges Ziel. Seit den Sechzigerjahren wird vergeblich an der Realisierung eines Reaktors geforscht, der in der Lage ist, Strom zu erzeugen.

Was versteht man unter Anlagentyp bei Kernkraftwerken?

Ein Kernkraftwerk, das im Wesentlichen für zivile Zwecke eingesetzt wird, ist ein industrieller Standort zur Stromerzeugung. Es nutzt einen oder mehrere Kernreaktoren sowie die zugehörigen Kessel zur Erzeugung von Wärme, die Wasser in Dampf verwandelt. Der Wasserdampf versetzt eine Turbine, die an einen Generator angeschlossen ist, in Rotation. So erzeugt der Generator Strom. Die Stromleistung des Reaktors schwankt zwischen einigen Megawatt und etwa 1.500 Megawatt.

Es gibt mehrere Reaktorarten, die in verschiedene Anlagentypen eingestuft werden:

  • Siedewasseranlagen;
  • Anlagen mit Natururan, das durch Graphit oder schweres Wasser moderiert wird;
  • Druckwasseranlagen;
  • Anlagen mit Gaskühlung;
  • Anlagen mit schnellen Neutronen und Natriumkühlmittel.

Druckwasserreaktoren (DWR) sind die am weitesten verbreiteten Anlagen.

Wie funktioniert ein Druckwasserreaktor?

Druckwasserreaktoren (DWR) sind die am weitesten verbreiteten Anlagen. Diese Atomreaktoren nutzen die bei Kernreaktionen entstehende Energie zur Erzeugung von Wärme. Diese Wärme verwandelt Wasser in Dampf, der für den Antrieb einer Turbine und damit eines Generators zur Stromerzeugung eingesetzt wird. Dieses Prinzip der Umwandlung von Wärme in Strom wird in allen anderen Wärmekraftwerken angewandt, die ihrerseits fossile Brennstoffe für die Wärmeerzeugung einsetzen.

Andere Arten von in Europa betriebenen Reaktoren sind Siedewasserreaktoren und gasgekühlte Reaktoren.

Gibt es Kernkraftwerke in der Nähe Luxemburgs?

Die drei Nachbarländer des Großherzogtums Luxemburg betreiben Nuklearanlagen, deren Standorte in einem Umkreis von 100 km liegen und mehr als 10.000 Megawatt (MWel) Strom erzeugen.

Die nächstgelegenen Kernreaktoren, d. h. diejenigen in Cattenom (Frankreich) und Tihange (Belgien), sind alle Druckwasserreaktoren.

Frankreich

  • Cattenom

Das Luxemburg am nächsten gelegene Kernkraftwerk befindet sich in Cattenom in Frankreich, 8,5 km südlich der Grenze und 25 km von Luxemburg-Stadt entfernt. Dieses Kernkraftwerk (KKW) verfügt über 4 Druckwasserreaktoren mit einer Einzelleistung von je 1.300 MWel. Der erste wurde im April 1987 in Betrieb genommen, der vierte im Januar 2012. Cattenom ist das zweitgrößte Kernkraftwerk Frankreichs, was die Stromerzeugung angeht.

  • Chooz

Das zweite Kernkraftwerk auf französischem Staatsgebiet befindet sich in Chooz 70 km westlich der Grenze. Es besteht aus 2 Blöcken (Chooz A, ein französisch-belgisches Bau- und Betriebsprojekt sowie Chooz B, ein französisches Projekt) und umfasst 3 Kernreaktoren à 1.450 MWel.

Belgien

  • Tihange

Das Kernkraftwerk von Tihange liegt 65 km nordwestlich des Großherzogtums Luxemburg. Die 3 Reaktoren mit einer Gesamtleistung von 3.016 MWel produzieren fast 30 % der belgischen Stromerzeugung.

Deutschland

  • Biblis

Nach dem Beschluss des Atomausstiegs durch die deutsche Bundesregierung hat das Kernkraftwerk Biblis als eines der ältesten deutschen Kraftwerke im März 2011 den Betrieb eingestellt.

  • Philippsburg

Das KKW Philippsburg umfasst zwei Reaktoren: der Druckwasserreaktor Nummer 1 mit einer Leistung von 926 MW wurde im März 2011 stillgelegt, Druckwasserreaktor Nummer 2 mit einer Leistung von 1.458 MW soll bis 2017 folgen.

Ist ein nuklearer Unfall in einem der Kernkraftwerke der näheren Umgebung möglich?

Ein Kernreaktor erzeugt enorme Mengen an Energie und radioaktiven Substanzen im Innern des Reaktorbehälters (Reaktorkern). Diese Radioaktivität erzeugt auch nach dem Stoppen der Kettenreaktion weiterhin Wärme.

Die aktive Kühlung bleibt erforderlich, um die Temperaturen des Reaktorkerns auf einem angemessen niedrigen Niveau zu halten. Zur Kühlung werden große Mengen an kaltem Wasser und Strom für die Versorgung der Pumpen benötigt. Wenn die Kühlung nicht gewährleistet werden kann, ist ein Unfall unausweichlich. Aus diesem Grund kann ein nuklearer Unfall nie ganz ausgeschlossen werden.

Die verschiedenen Barrieren und Sicherheitssysteme mindern jedoch die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls.

Wie sieht der Ablauf eines schweren nuklearen Unfalls in der Regel aus?

Der größte anzunehmende Unfall, der sich in einem Druckwasserreaktor ereignen kann, tritt ein, wenn die aktive Kühlung des Reaktorkerns nicht mehr möglich ist. Dies führt zur (teilweisen) Kernschmelze, einem Szenario, bei dem der Reaktorkern schmilzt und der Reaktorbehälter zerstört wird. Normalerweise und wenn das Reaktorgebäude nicht zerstört ist, können die radioaktiven Substanzen noch für einen gewissen Zeitraum von bis zu 24 Stunden durch das Gebäude zurückgehalten werden. In einem solchen Fall ist nur eine geringe radioaktive Freisetzung festzustellen, die noch keine besondere Gefahr für die Bevölkerung darstellt. Diese zeitlich begrenzte Einschließung ermöglicht es den Notfalleinsatzkräften, Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung einzuleiten.

Wenn nach einer bestimmten Zeitspanne der Druck im Innern zu hoch wird, wird die Schutzhülle über das Belüftungssystem geöffnet. Die Belüftungssysteme der in der Nähe Luxemburgs befindlichen Kernreaktoren sind mit Filtern ausgestattet, die eine wesentliche Minderung der Menge an freigesetzter Radioaktivität ermöglichen.

Der Unfall von Three Mile Island, der sich am 28. März 1979 in den Vereinigten Staaten ereignete, ist ein Beispiel für einen Unfall mit Kernschmelze, in dessen Verlauf radioaktive Substanzen aus der Kernschmelze im Innern der Schutzhülle (Betongebäude, in dessen Innern sich der Reaktorbehälter, der Reaktorkern sowie die Dampferzeuger befinden) eingeschlossen werden konnten. Beim Unfall von Fukushima am 11. März 2011, dessen Ursache ein Erdbeben und ein Tsunami waren, führten hingegen Wasserstoffexplosionen zu Bruchstellen an der Schutzhülle und zu einer erheblichen radioaktiven Freisetzung.

Was versteht man unter Kernspaltung?

Die Kernspaltung ist eine Kernreaktion, die darin besteht, ein Neutron an ein schweres instabiles Atom (Uran 235 oder Plutonium 239) anzunähern. Letzteres absorbiert das Neutron und spaltet es dabei in 2 leichtere Atome. Hierbei entstehen Energie, radioaktive Strahlung und 2 oder 3 Neutronen, die ihrerseits eine weitere Kernspaltung bewirken können. Die kontinuierliche Aufrechterhaltung dieser Reaktion wird als „Kettenreaktion” bezeichnet. Die aus dieser Spaltreaktion erhaltene Energie wird in Kernkraftwerken zur Erhitzung von Wasser genutzt.

Wie kann eine Kettenreaktion kontrolliert werden?

Die Konzeption der zurzeit in der Europäischen Union betriebenen Kraftwerke gewährleistet durch die Gesetze der Physik, dass die Spaltreaktion im Gleichgewicht bleibt. Ein Anstieg der Temperatur führt automatisch zur Senkung der Neutronenzahl, was die Zahl der Spaltungen und damit die Erzeugung von Wärme vermindert.

Es wird darauf hingewiesen, dass ein solcher Mechanismus zur Selbstregulierung in den Reaktoren von Tschernobyl nicht gewährleistet war. Dieser Planungsfehler war die Ursache des Unfalls in Tschernobyl vom 26. April 1986.

Welche Faktoren beeinflussen die Folgen eines nuklearen Unfalls maßgeblich?

Nukleare Unfälle verlaufen nie gleich, denn die Folgen eines Unfalls hängen wesentlich von der Menge der freigesetzten Radioaktivität und den Witterungsverhältnissen ab.

Die Menge an freigesetzter Radioaktivität hängt vom Unfallhergang und den Sicherheitssystemen ab, die zum Zeitpunkt des Unfalls verfügbar waren.

Die Witterungsverhältnisse bestimmen die Verbreitung (Richtung und Reichweite) der freigesetzten Radioaktivität.

Aus diesem Grund werden die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei einem Unfall auf der Grundlage einer radiologischen Bewertung festgelegt und umfassen im Allgemeinen nur einen Teil des Gebietes innerhalb der Planungszonen.

Kann sich ein Unfall wie in Fukushima auch in Cattenom ereignen?

Ein schwerer Unfall in einem Kernkraftwerk in Europa kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass dasselbe ursächliche Ereignis wie in Japan, d. h. das gleichzeitige Auftreten eines Erdbebens und eines Tsunami, für Cattenom kein realistisches Szenario darstellt. Das Kraftwerk Cattenom befindet sich nämlich 22 m über dem Pegel der Mosel und in einer Region mit schwacher seismischer Aktivität.

Kann sich ein Unfall wie in Tschernobyl auch in Cattenom ereignen?

Die Konzeption der zurzeit in der Europäischen Union betriebenen Kraftwerke gewährleistet durch die Gesetze der Physik, dass die Spaltreaktion im Gleichgewicht bleibt.

Ein Anstieg der Temperatur führt automatisch zur Senkung der Neutronenzahl, was die Zahl der Spaltungen und damit die Erzeugung von Wärme vermindert.

Es wird darauf hingewiesen, dass ein solcher Mechanismus zur Selbstregulierung in den Reaktoren von Tschernobyl nicht gewährleistet war. Dieser Planungsfehler war die Ursache des Unfalls in Tschernobyl vom 26. April 1986.

Ist Luxemburg auf einen nuklearen Unfall vorbereitet?

Ja. Zwar gibt es in Luxemburg kein Kernkraftwerk, aber die Nähe des französischen Kraftwerks Cattenom und des belgischen Kraftwerks Tihange hat die Regierung des Großherzogtums Luxemburg dazu bewogen, einen Notfallplan (Plan d’intervention d’urgence) für den Fall eines nuklearen Notfalls auszuarbeiten, wie dies in allen anderen Ländern der Fall ist. In diesem Plan sind die notwendigen Maßnahmen für den Schutz der gesamten Bevölkerung beschrieben.

Die wesentlichen Schutzmaßnahmen sind:

  • die Schutzsuche in Häusern und Gebäuden,
  • die Einnahme von Kaliumiodidtabletten
  • und die Evakuierung eines Teils der Bevölkerung.

Der Notfallplan bei einem nuklearen Unfall sieht zudem die enge Kommunikation zwischen Behörden, nationalen Medien und der Bevölkerung vor.

Die wesentlichen Akteure der Krisenbewältigung sind:

  • der Krisenstab (Cellule de crise);
  • die Kontrollstelle für Strahlenbelastung (Cellule d’évaluation radiologique);
  • die Stelle für Kommunikation/Information (Cellule communication/information).

Was ist der Unterschied zwischen Störfall und Unfall?

Um zwischen den verschiedenen Arten von Störfällen und Unfällen sowie der jeweiligen Schwere unterscheiden zu können, hat die in Wien ansässige Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) eine internationale Bewertungsskala für nukleare Ereignisse entwickelt, die so genannte INES-Skala (International Nuclear Event Scale). Diese Skala ist in 8 Stufen der sicherheitstechnischen Beeinträchtigung eingeteilt. Sie ist ein für die Medien und die breite Öffentlichkeit konzipiertes Einstufungsinstrument, um die Schwere ziviler nuklearer Störfälle und Unfälle besser zu erläutern.

Tabelle

Beschreibung

und INES-Stufe

Bevölkerung

und Umwelt

Radiologische Barrieren und Kontrollen in den Anlagen

Gestaffeltes Sicherheitskonzept

7

KATASTROPHALER UNFALL

• Schwerste Freisetzung radioaktiver Substanzen mit erheblichen Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt, sodass die Einleitung von vorgesehenen Katastrophenschutzmaßnahmen oder sogar weiterer Maßnahmen geboten ist.                  

 

 

6

SCHWERER UNFALL

• Erhebliche Freisetzung radioaktiver Substanzen, sodass wahrscheinlich die Einleitung von vorgesehenen Katastrophenschutzmaßnahmen erforderlich ist.               

   

5

ERNSTER UNFALL

 

• Begrenzte Freisetzung radioaktiver Substanzen, sodass die vorherige Einleitung bestimmter vorgesehener Katastrophenschutzmaßnahmen erforderlich ist.

• Mehrere Todesfälle durch Strahlenexposition.

• Schwere Schäden am Reaktorkern.

• Freisetzung großer Mengen an radioaktiven Substanzen in der Anlage mit der hohen Wahrscheinlichkeit erheblicher Strahlenexposition der Bevölkerung. Dies könnte sich aus einem Kritikalitätsstörfall oder einem größeren Brand ergeben.

 

4

UNFALL

• Geringe Freisetzung radioaktiver Substanzen, die wahrscheinlich keine Einleitung anderer Katastrophenschutzmaßnahmen erfordert als die Überwachung der Lebensmittel vor Ort.

• Mindestens ein Todesfall durch Strahlenexposition.

• Schmelze oder Beschädigung des Brennstoffs, die die Freisetzung von mehr als 0,1 % der Radioaktivität des Kerns bewirkt.

• Freisetzung bedeutender Mengen an radioaktiven Substanzen in der Anlage mit der hohen Wahrscheinlichkeit erheblicher Strahlenexposition der Bevölkerung.

 

3

ERNSTER STÖRFALL

• Die Strahlenexposition überschreitet den zulässigen jährlichen Grenzwert für das Personal um das Zehnfache.

• Deterministische gesundheitliche Auswirkungen, durch Strahlenexposition ohne Todesfolge (z. B. Verbrennungen).

• Bestrahlungsstärken über 1 Sv/h in einem Arbeitsbereich.

• Schwere Kontamination eines Bereichs, der von seiner Bestimmung her nicht kontaminiert sein dürfte, mit der geringen Wahrscheinlichkeit erheblicher Strahlenexposition der Bevölkerung.

• Beinahe-Unfall in einem Kernkraftwerk mit Ausfall aller Sicherheitsvorkehrungen. 

• Verlust oder Diebstahl hoch radioaktiver umschlossener Strahlenquellen.

• Fehler bei der Lieferung einer hoch radioaktiven umschlossenen Strahlenquelle ohne geeignete Verfahren zur Behebung.

2

STÖRFALL

• Die Strahlenexposition eines Mitglieds der Öffentlichkeit überschreitet 10 mSv.

• Die Strahlenexposition überschreitet den zulässigen jährlichen Grenzwert für das Personal.

• Die Strahlenintensität in einem Arbeitsbereich überschreitet 50 mSv/h.

• Erhebliche Kontamination des Bereichs einer Anlage, der von seiner Bestimmung her nicht kontaminiert sein dürfte.

• Begrenzter Ausfall Teile der Sicherheitsvorkehrungen ohne tatsächliche Folgen.

1

STÖRUNG

   

• Überexposition eines Mitglieds der Öffentlichkeit, wobei der zulässige jährliche Grenzwert überschritten wird.

• Probleme mit geringer sicherheitstechnischer Bedeutung unter Beibehaltung eines soliden gestaffelten Sicherheitskonzepts.

• Verlust oder Diebstahl einer Strahlungsquelle, eines Gerätes oder einer Verpackungseinheit mit schwacher Radioaktivität.

0

ABWEICHUNG

 

KEINE SICHERHEITSTECHNISCHE BEDEUTUNG

Welche direkten Folgen eines schweren Unfalls in einem Kernkraftwerk können auftreten?

Bei einem schweren nuklearen Unfall besteht das Risiko der Ausbreitung radioaktiver Stoffe, die eine potenzielle Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen können. In dem sehr unwahrscheinlichen Fall, dass die Kraftwerkssysteme UND die Sicherheitsbarrieren ausfallen sollten, könnte eine radioaktive Wolke austreten und sich in der Umwelt ausbreiten.

Welche Arten von Strahlung können von einem havarierten Kernkraftwerk ausgehen?

Bei einem schweren nuklearen Unfall können mehrere Arten von gesundheitsschädlichen radioaktiven Elementen freigesetzt werden, darunter Cäsium oder Strontium. Am gefährlichsten jedoch ist Jod-131, ein radioaktives Isotop mit einer sehr kurzen Halbwertszeit (8 Tage) und sehr hoher Radioaktivität. Es ist besonders gefährlich, weil es sich in der Schilddrüse anreichert.

Jod-131 ist zusammen mit Cäsium-137 eines der Radionuklide, die bei der Freisetzung, die auf einen nuklearen Unfall folgen kann, am häufigsten auftreten.

In welche Phasen ist ein nuklearer Unfall eingeteilt?

Bei einem schweren nuklearen Unfall gibt es 2 unterschiedliche Phasen:

  • die Phase des Atomalarms;
  • die Phase nach dem Unfall.

Der Notfallplan (Plan d’intervention d’urgence) im Falle eines nuklearen Unfalls, der von der Regierung ausgearbeitet wurde, sieht eine ganze Reihe von Maßnahmen vor, die bei jeder Phase einzuleiten sind.

Die Phase des Atomalarms umfasst:

  • die Phase drohender Gefahr;
  • die Freisetzungsphase.

Ebenso verhält es sich bei der Phase nach dem Unfall mit der Einleitung besonderer Maßnahmen für:

  • die Übergangsphase;
  • die Phase der Bewältigung der langfristigen Folgen.

Erfolgt bei einem nuklearen Unfall eine nukleare Explosion?

Nein. Kernkraftwerke sind so ausgelegt, dass sie nicht explodieren können.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Folgen eines Unfalls in einem Kernkraftwerk nicht mit denen der Explosion einer Atombombe zu verwechseln sind. Ein Unfall im Kernkraftwerk Cattenom würde nicht zu den durch eine Explosion einer Atombombe erzeugten Druck- oder Hitzewellen führen. Es ist daher unwahrscheinlich, dass es aufgrund der direkten Auswirkungen des nuklearen Unfalls unmittelbar Opfer außerhalb des Kraftwerks gäbe. Dagegen ist ein Anstieg des Risikos einer Erkrankung, insbesondere an einer Krebsart, wahrscheinlich.

Eine etwaige Explosion innerhalb des Reaktors aufgrund der Anwesenheit von Wasserstoff ist jedoch nicht völlig auszuschließen. Obwohl eine solche Explosion unwahrscheinlich ist, da das Kraftwerk mit Systemen zur Wasserstoffrekombination ausgestattet ist, könnte sie ausreichen, um eine Bruchstelle an der Schutzhülle zu verursachen und zu einem erheblichen Anstieg der radioaktiven Freisetzung zu führen.

Was tun bei Atomalarm?

Die luxemburgische Regierung hat die Broschüre „Was tun bei Atomalarm?“ veröffentlicht, welche einerseits die im Notfallplan (Plan d’intervention d’urgence) vorgesehenen Alarmverfahren und Schutzmaßnahmen vorstellt und andererseits die Bevölkerung über die bei einem Unfall in Cattenom empfohlenen Verhaltensweisen informiert.

Die Broschüre wurde an alle luxemburgischen Haushalt verteilt und ist in mehreren Sprachen auf der Internetseite www.infocrise.lu verfügbar.

Bei einem schweren Nuklearunfall gilt die Hauptsorge der Behörden dem Schutz der Bevölkerung vor jeglicher Strahlenbelastung bzw. Kontamination durch freigesetzte Radioaktivität. Die Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen hängt von der Schwere des Unfalls ab.

Jede Entscheidung über die Umsetzung einer Maßnahme wird der Bevölkerung über die Medien und die Internetseite www.infocrise.lu mitgeteilt.

Es wird empfohlen, einen der nationalen Rundfunksender zu hören und Ruhe zu bewahren.

Gibt es Kooperationsabkommen mit den drei Nachbarländern in Bezug auf Nuklearanlagen?

Die Regierung des Großherzogtums Luxemburg hat mit Frankreich und Belgien spezielle Kooperationsabkommen im Nuklearbereich abgeschlossen. Diese Abkommen bilden die Grundlage der folgenden Protokolle und Austauschverfahren:

  • Protokoll über die Alarmierung und den Informationsaustausch zwischen der Französischen Republik und dem Großherzogtum Luxemburg bei einem radiologischen Notfall;
  • Verfahren zur Benachrichtigung und Unterrichtung der luxemburgischen Behörden bei einem Störfall oder Unfall im Kernkraftwerk Cattenom;
  • Verfahren zur gegenseitigen Benachrichtigung und Unterrichtung der luxemburgischen, belgischen und niederländischen Behörden bei nuklearen Krisensituationen, die grenzüberschreitende Auswirkungen haben können.

Ferner wurden bilaterale Abkommen im Bereich des Zivilschutzes geschlossen, sodass bei einem nuklearen Notfall mit den Zivilschutzbehörden der Nachbarländer auf operativer Ebene Kontakt aufgenommen werden kann.

Auf europäischer Ebene ermöglicht das Alarmsystem ECURIE (European Community Urgent Radiological Information Exchange) den Mitgliedstaaten, im Falle eines nuklearen Notfalls, Informationen auszutauschen. Dieses sternförmig konfigurierte EDV-System sieht vor, dass ein Staat Alarm auslöst, wenn sich in einem seiner Kraftwerke ein nuklearer Unfall mit potenziell grenzüberschreitenden Auswirkungen ereignet.

Im Rahmen des EU-Zivilschutz-Mechanismus ermöglicht das System CECIS (Common Emergency Communication and Information System) allen Zivilschutzbehörden der Europäischen Union, sich auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen.

Arbeiten die Partner der Großregion zusammen?

Ja. Die verschiedenen von einem nuklearen Notfall betroffenen Akteure in der Großregion organisieren regelmäßig Übungen in Luxemburg oder nehmen an grenzüberschreitenden oder internationalen Übungen teil. Ziel dieser grenzüberschreitenden bzw. internationalen Übungen ist es, die Einsatzkräfte der Rettungsdienste und der Armee im Bereich Rettungs- und Dekontaminationsmaßnahmen auf einen eventuellen Strahlen- oder Nuklearunfall vorzubereiten.

Gegenstand einiger dieser Übungen sind lediglich die Kommunikation und der Austausch von Strahlendaten, andere wiederum sind komplexer und zielen auf die Umsetzung von nationalen Notfallplänen ab. Die Szenarios werden vom Institut für Strahlenschutz und nukleare Sicherheit (Institut de radioprotection et de sûreté nucléaire, IRSN) in Frankreich ausgearbeitet und simulieren einen schweren Unfall mit der Wahrscheinlichkeit der Kernschmelze. Diese Übungen werden in Echtzeit einschließlich der Alarmierung der Behörden und unter realen Wetterbedingungen durchgeführt.

Die Übungen ermöglichen die Erprobung, die Weiterleitung eines Alarms, die Einrichtung der jeweiligen Krisenzentren, die Einleitung der Kommunikationsverfahren, die Information über die Beurteilung und Weiterentwicklung der Anlage, die Unterrichtung über die radiologische Situation, den Informationsaustausch über die getroffenen/beabsichtigten Entscheidungen usw.

2012 und 2013 nahm Luxemburg an einer Reihe von 3 grenzüberschreitenden Übungen zur Krisenbewältigung im Falle von Problemen im Kernkraftwerk Cattenom teil. Die 1. Übung wurde unter der Leitung des Saarlandes organisiert und beruhte auf der Aktivierung der Krisenstäbe und der grenzüberschreitenden Informationsmechanismen. Die 2. Übung unter luxemburgischer Leitung betraf die Ausweitung der Notfallmaßnahmen sowie die Planung der Evakuierung der Bevölkerung. Zweck der 3. Übung unter der Leitung Frankreichs war die Bewältigung der Phase nach dem Unfall.

Im gleichen Rahmen nahm Luxemburg an zahlreichen internationalen Übungen für den Nuklearnotfall (INEX) teil, die von der Kernenergieagentur (NEA) der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) organisiert wurden.

Werden die Informationen zu Cattenom regelmäßig übermittelt und sind sie transparent?

Am 20. April 2011 fand in Metz ein außerordentliches Gipfeltreffen der Großregion über Fragen der Sicherheit von Kernkraftwerken in der Großregion und insbesondere der Anlage von Cattenom statt.

Vor dem Hintergrund der berechtigten Erwartungen der Einwohner zu beiden Seiten der Grenze in Bezug auf eindeutige, transparente und verlässliche Informationen über den Betrieb des Kernkraftwerks wurde beschlossen, die Zusammensetzung der für Cattenom zuständigen lokalen Informationskommission (Commission locale d’information, CLI) zu erweitern, um weitere Betroffene aus der Großregion einzubeziehen.

Aufgabe der CLI ist es, als Informationsstelle für die Bevölkerung ihre Arbeitsergebnisse einem möglichst breiten Publikum leicht zugänglich zu machen. Nach dem Gipfel der Großregion hat sich die CLI im Jahre 2012 den grenzüberschreitenden Partnern der Großregion geöffnet, die seitdem in der Kommission Beobachterstatus genießen. Luxemburg wird hierbei durch den Hochkommissar für nationale Sicherheit (Haut-Commissaire à la protection nationale) und einen Abgesandten des Verbands der Städte und Gemeinden Luxemburgs (Syndicat des villes et des communes luxembourgeoises, SYVICOL) vertreten. Als weitere Folge dieser Öffnung wird der Newsletter der CLI (La Lettre de la CLI), der seit 2008 erscheint, seitdem ebenfalls ins Deutsche übersetzt.

Ist bei einem Nuklearunfall in Cattenom ein grenzüberschreitender Informationsaustausch vorgesehen?

Ja. Im Zusammenhang mit einem nuklearen Notfall spielt der Informationsaustausch mit den Nachbarländern eine wesentliche Rolle, damit alle Daten zur Einleitung der verschiedenen Maßnahmen des Notfallplans (Plan d’intervention d’urgence) der Regierung zur Verfügung stehen.

Luxemburg hat 1983 mit der Französischen Republik ein Abkommen über den Informationsaustausch geschlossen, dies für den Fall, dass sich ein Störfall oder Unfall mit potenziell radiologischen Auswirkungen ereignet. Dieses Abkommen sieht die Bestimmungen in Bezug auf folgende Punkte vor:

  • die unverzügliche gegenseitige Unterrichtung über Störfälle oder Unfälle, die sich auf dem Staatsgebiet eines der beiden Staaten ereignen und radiologische Auswirkungen haben können, die möglicherweise das Staatsgebiet des anderen Staates betreffen,
  • die Einrichtung eines geeigneten Systems zur gegenseitigen Unterrichtung, das rund um die Uhr in Betrieb ist,
  • die Art der auszutauschenden Informationen,
  • den Austausch von Verbindungsbeauftragten im Falle der Umsetzung der Notfallpläne.

Zwecks Regelung aller bilateralen Fragen zur nuklearen Sicherheit wurden 1994 ein gemischter luxemburgisch-französischer Ausschuss sowie 2 Fachgruppen gebildet, um die praktischen und technischen Probleme im Bereich der nuklearen Sicherheit, des Strahlenschutzes und der zivilen Sicherheit zu lösen.

Es ist vorgesehen, dass die luxemburgischen Behörden bei einem Unfall vom Betreiber des Kernkraftwerkes Cattenom über das System SELCA (Système d’échange et de liaison entre Cattenom et les autorités, Austausch- und Verbindungssystem zwischen Cattenom und den Behörden), d. h. ein spezielles Telefonnetz, das bei einem radiologischen Notfall eine direkte Verbindung zwischen den verschiedenen Kommandostellen gewährleistet,  informiert werden.

Die deutschen Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland sind ebenfalls in dieses System eingebunden.

Kann Luxemburg bei Bedarf auf internationale Hilfe zurückgreifen?

Ja. In Abhängigkeit von der jeweiligen Situation können die luxemburgischen Behörden sich dazu veranlasst sehen, um internationale Hilfe zu bitten, um bei einer Krise Gegenmaßnahmen treffen zu können.

Im Jahre 1986 unterzeichnete Luxemburg 2 Abkommen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), von denen eines, nämlich das Abkommen über die Unterstützung bei einem Nuklearunfall oder radiologischen Notfall, ermöglicht, bei einem Nuklearunfall Unterstützung zu leisten oder anzufordern.

Zweimal jährlich treffen sich die Partner des Abkommens, besprechen ihre gemeinsamen Aktivitäten und planen neue. Diese Besprechungen konzentrieren sich insbesondere auf:

  • die Ausarbeitung der Notfallpläne der Partnerstaaten;
  • die Organisation und Durchführung internationaler Übungen;
  • die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, den Informationsaustausch und die Organisation von Übungen;
  • die Kommunikationsmittel und den Informationsaustausch bei einer nuklearen Krise, einschließlich Festlegung der Anlauf- und Alarmierungsstellen der Partnerstaaten;
  • die Harmonisierung der Notfallpläne und regionalen Einsatzebenen;
  • die Ausarbeitung von technischen Unterlagen zur Unterstützung der Länder bei der Ausarbeitung der Notfallpläne und Übungen.

Kann der luxemburgische Zivilschutz auf europäische Hilfe zurückgreifen?

Wenn das Ausmaß einer Notfallsituation die Handlungsfähigkeit eines einzelnen Staates übersteigt, kann das von einer Katastrophe betroffene Land einen koordinierten Einsatz der am europäischen Katastrophenschutzverfahren teilnehmenden Länder in Anspruch nehmen :

  • Die Europäische Union hat im Jahre 2001 das europäische Katastrophenschutzverfahren eingeführt, an dem derzeit 32 Länder beteiligt sind;
  • Kernstück des Katastrophenschutzverfahrens ist das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen (ERCC), das vom Dienst für humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz der Europäischen Kommission (ECHO) verwaltet wird. Es ermöglicht die tägliche Kommunikation und koordiniert bei einer Krise die Maßnahmen der Hilfskräfte und die Ressourcen des Zivilschutzes innerhalb und außerhalb der Union. Dieses Zentrum ist täglich rund um die Uhr besetzt;
  • Art und Umfang der eingeleiteten Zivilschutzmaßnahmen hängen von den Ressourcen der teilnehmenden Länder ab. Die Mehrheit der teilnehmenden Staaten stellt ihre Hilfe als Zeichen ihrer Solidarität mit dem notleidenden Land kostenlos zur Verfügung. Diese Unterstützung kann in Form von Sachmitteln, einer Entsendung von Hilfskräften und Material sowie von Experten zur Einschätzung und Koordinierung einer europäischen Maßnahme erfolgen.

Als Mitglied kann Luxemburg gegebenenfalls auf diese Instrumente zurückgreifen.

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